Ein Interview mit Patricia Garnadt
Was der Kirchenvorstand/KV für die Gemeinde ist, ist der DSV (Dekanatssynodalvorstand) für das Dekanat, die nächste Leitungsebene unserer Kirche. Nach 8 Jahren KV-Arbeit, 6 davon als Vorsitzende, wechselte Patta – wie wir sie alle nennen – im Jahr 2010 in den DSV. Nun, nach 12 Jahren, dabei die gesamte Zeit im Vorsitz, lässt sie dieses Arbeitsfeld hinter sich. Das nehme ich zum Anlass, um ihr einige Fragen zu stellen.
Frage: Welche Herausforderungen hattet ihr die letzten Jahre auf der Tagesordnung?
Neben der Vorbereitung der Dekanatsfusion bis 2016 und dem Zusammenwachsen zu einem flächenmäßigen Großdekanat war die gerechte Zuordnung der Ressourcen (Pfarrstellen, Gemeindepädagoginnen, finanzielle Anreize für die Gemeinden aus dem Haushaltsposte „Finanzausgleich“) immer wieder Thema im DSV. Corona und die Umsetzung angemessener Regelungen bei Gottesdiensten, kirchlichen Veranstaltungen und im Dekanatsbüro hat natürlich die letzten beiden Jahre dominiert.
Frage: Welches Thema hat dich am meisten Kraft und Zeit gekostet?
Die Vorbereitung einer gemeinsamen Kita-Trägerschaft unter dem Dach des Dekanats hat über 1 Jahr Projektarbeit (im Monatsrhythmus) gekostet. Am Ende konnten wir nicht genug Kirchengemeinden davon überzeugen, ihre Trägerschaft abzugeben. Der Vorteil der Kompetenzbündelung stand dem empfundenen Nachteil gegenüber, dass nicht mehr alle Entscheidungen vor Ort getroffen werden.
Frage: Was hat dir am meisten Freude gemacht?
Die Feste und Aktionen, mit denen das Dekanat Kirche in der Region erlebbar machte, z. B. der Markt der Möglichkeiten in der Idsteiner Altstadt anlässlich des Unionsfestes im Lutherjahr 2017, das gemeinsame kirchliche Engagement während des Sommers 2018 bei der Landesgartenschau, Nacht der Kirchen und Tauffeste.
Frage: Welche wichtigste neue Erkenntnis hattest du?
Große strukturelle Veränderungen, wie jetzt das Zukunftsprojekt EKHN2030 lassen sich nicht mit allen Gemeinden im Gleichschritt angehen. Es braucht die „Koalition der Willigen“, die vorangeht, um anderen zu zeigen, wie gemeindeübergreifende Teamarbeit gut entwickelt werden kann und entlastend wirkt. Zusätzlich braucht es aber den verbindlichen kirchenrechtlichen Rahmen, z.B. das Enddatum, bis wann alle Gemeinden in den zukünftigen Nachbarschaftsräumen verbindlich zusammenarbeiten müssen.
Frage: Hast du für uns als Gemeinde noch eine Anregung?
Ich sehe die zukünftige Zusammenarbeit im Nachbarschaftsraum als Chance, dass noch mehr unterschiedliche Glaubensstile innerhalb eines Verkündigungsteams für eine Gemeindegemeinschaft angeboten werden können. Vielfalt in der Einheit.
Frage: Setzt du dich jetzt völlig zur Ruhe?
Bewusst nehme ich nach fast 20 Jahren ehrenamtlicher Leitungsarbeit jetzt eine Auszeit zum Ausruhen, Reisen, privatem Freiraum. Meine Ämter im Vorstand der Diakoniestation Niedernhausen, als Vertreterin des Dekanats in der Gesellschafterversammlung der Diakoniestation Idsteiner Land sowie im Stiftungsrat der Paulinenstiftung nehme ich weiterhin wahr. Wie sich meine Arbeit bei Fluchtpunkt Niedernhausen aufgrund der steigenden Zahl von Geflüchteten aus der Ukraine entwickeln wird, weiß ich noch nicht genau.
Es wird dir also nicht langweilig werden. Danke Patta für dein Engagement, deine Zuverlässigkeit und die Bereitschaft, Verantwortung zu tragen. Wir wünschen dir Gottes Segen für die Freiräume, die du nun hast und Freude an dem, was sich Neues ergeben wird.
Das Interview führte Jürgen Seinwill