Was ist der Unterschied ? Zwei Definitionen finden wir dort, wo alle Antworten zu finden sind, im WWW:
„Als Influencer (von englisch to influence ‚beeinflussen') werden seit den 2000er Jahren Personen bezeichnet, die aufgrund ihrer starken Präsenz und ihres hohen Ansehens in sozialen Netzwerken als Träger für Werbung und Vermarktung in Frage kommen (sogenanntes Influencer-Marketing).“
„Vorbild ist eine Person oder Sache, die als richtungsweisendes und idealisiertes Muster oder Beispiel angesehen wird. Im engeren Sinne ist ein Vorbild eine Person, mit der ein – meist junger – Mensch sich identifiziert und dessen Verhaltensmuster er nachahmt oder nachzuahmen versucht.“
Wieso hat eine Person eine „starke Präsenz“ und „hohes Ansehen“ in den sozialen Netzwerken ?
Vielleicht ist sie besonders attraktiv, setzt sich für eine Sache ein, die die „follower“ gut finden oder führt ein vorbildliches Leben ?
Die Vermarktung der Influencer kann man sicherlich kritisch sehen, wobei: Vorbilder finden sich auch auf zB T-Shirts und Plakaten. Geht es also doch nur um einen hippen Namen und eigentlich ist beides gleich ?
Wichtig ist mir, dass wir uns bewusst machen, welche Influencer uns prägen und ob wir ihnen erlauben, Vorbilder für uns zu sein ? Die Bibel stellt uns Personen vor Augen und nimmt uns mit in ihre Geschichte hinein, weil sie uns auf den Geschmack bringen möchte, unser Leben mit Gott, in der Nachfolge Jesu und geprägt durch den Heiligen Geist zu führen.
Mit folgenden persönlichen Beispielen aus dem Kreis derer, die sich die letzten Wochen Mittwoch-Abends digital zum Gesprächsabend über den Hebräerbrief getroffen haben, schließe ich diese Impulsreihe ab. Mögen euch diese (von mir leicht anonymisierten) Glaubens-Vorbilder influencen !
Jürgen Seinwill
Eine mutige Frau des Glaubens
Auf meinem Schulweg habe ich sie gesehen, täglich, 10 Jahre lang. An einem Knotenpunkt in der großen Stadt saß sie tagein tagaus in ihrem Rollstuhl, dekoriert mit Jesus-Flyern und Bibelversen. Sie hatte ein kleines Keyboard in der Hand und sang mit größter Inbrunst Loblieder ins Mikrofon. Tausende Berufspendler gingen täglich an ihrem Rollstuhl vorbei, sowie viele Schüler - irgendwie peinlich berührt und insgeheim beeindruckt. Wie traut sie sich das?
Viele Jahre später las ich in der Zeitung, dass sie verstorben war. Ihr wurde ein Artikel in einer großen Tageszeitung gewidmet, so ein fester Bestandteil des Stadtbildes war sie über Jahrzehnte geworden. Zwischenzeitlich war ich selbst zum Glauben gekommen. Mir kamen die Tränen bei dem Gedanken an diese Frau. Ihr Mut und ihre Standhaftigkeit Tag für Tag voller Inbrunst zu singen von dem, der ihren Lob Wert war, berührt mich immer noch. Oft habe ich als Kind und Teenie Christen im Alltag nicht so wahrgenommen. Die Gemeinden in unserem kleinen Vorort fielen mir eher durch Nicht-Präsenz auf. Ganz anders diese Frau in der großen Stadt, von der ich nicht mal weiß wie sie hieß. Nie habe ich je mit ihr gesprochen. Ich bin wie alle anderen anonym, eher peinlich berührt - und doch insgeheim beeindruckt - Tag für Tag an ihr vorbei gehuscht.
In Jesaja 55,10-11 steht: „Denkt an den Regen und den Schnee! Sie fallen vom Himmel und bleiben nicht ohne Wirkung: sie tränken die Erde und machen sie fruchtbar; alles sprießt und wächst. (…) Genauso ist mein Wort: Es bleibt nicht ohne Wirkung, sondern erreicht, was ich will, und führt das aus, was ich ihm aufgetragen habe.“
Auch das gesungene Wort dieser Frau blieb nicht ohne Wirkung. Es hinterließ Spuren in mir und ich kann nur ahnen, in wie vielen anderen Menschen ebenso. Nur wusste sie selbst wohl nichts davon. Sie hat die Frucht nicht gesehen und ist trotzdem Tag für Tag ihrem Ruf gefolgt im „Glauben an eine Wirklichkeit dessen, was (sie) hofft“ (Hebräer 11,1). Mensch, was muss das für eine Party im Himmel gegeben haben, als sie am Ende des Wettlaufs (Hebräer 12,1) angekommen war!
Ein persönlicher Weg
Mein erstes Vorbild in meinem Glauben war meine Mutter, die mir den Zugang zur Kirche und zum Beten ebnete. Das gemeinsame Singen besonders in der Adventszeit bei Kerzenlicht waren prägende und warmherzige Erlebnisse und gehören für mich zu den eindrucksvollsten Erinnerungen in meiner Kindheit. Ich tauchte in die lutherische Kirche als Schüler und Teenager durch meinen damaligen Pfarrer als Küster und als Wissbegieriger tiefer ein. Jedoch, mit zunehmender Zeit stellte ich eine autoritäre und nicht nahbare Institution Kirche fest und entfernte mich immer mehr von ihr.
Erst mit meiner Familiengründung setzte ich mich intensiver mit dem Glauben und der Kirche auseinander und lernte in meiner neuen Kirchengemeinde Niedernhausen das neue Pfarrvikar-Ehepaar kennen. Dies war die Wende in meinem Glaubensleben, denn durch die Art und Weise, wie sie „den Glauben“ vermittelten, wurde ich hungrig nach mehr. Somit wurden sie Vorbilder für meinen neuen Zugang des Glaubens an Gott.
Menschen, die mich prägten
Ich hatte verschiedene Vorbilder, jeweils passend zu meiner Entwicklung. z.B. C.S.Lewis , Frere Roger, Pater Koltermann ( Naturphilosoph ) , Norbert Baumert ( Prof. NT, Spezialgebiet Paulus ),. Beeindruckt hat mich auch Mutter Theresa sowie andere Menschen, die sich im sozialen Bereich aufgeopfert haben. Beeinflusst wurde und werde ich durch Bücher, Vorträge , durch Menschen aus der Gemeinde und dem Hauskreis. An Büchern interessieren mich Themen über das Bewusstsein, das Gehirn , die Wahrnehmung, philosophische Weltdeutungen und theologische Auseinandersetzungen.
Großmütter als Vorbild
Meine Vorbilder in Bezug auf meinen Glauben waren in meiner Kindheit meine beiden Großmütter. Beide haben mich neugierig gemacht, was es mit Jesus und der Bibel auf sich hat.
Bei der einen Oma war ich fasziniert von dem großen Jesuskreuz, das im Schlafzimmer an der gegenüberliegenden Wand der Betten hing – mit einem Rosenkranz versehen, da Oma katholisch war. Wenn ich sie ein paar Tage besuchte, bekam ich mit, dass sie jeden Morgen in der Bibel las, die aufgeschlagen auf ihrem Waschtisch lag. Auch ich blätterte darin.
Als ich etwas älter war, ging ich jeden Sonntag mit einem Nachbarjungen in den Kindergottesdienst der Katharinen-Gemeinde im Frankfurter Westend und hörte mir spannende Geschichten aus der Bibel an.
Meine andere Oma besaß eine uralte Bibel, die sie mir überließ, um darin zu lesen.
2005 – die Kirche als Institution sagte mir seit Jahren nichts mehr – machte ich nach einem schlimmen Ereignis die Bekanntschaft von Oliver Albrecht. Wie in der Niedernhausener Christuskirche Glauben gelebt wird und das große Engagement hat mir sehr gefallen und ist mir in vielen Dingen ein Vorbild.
Eine Schwester namens Angelika
Ich war damals ein freches Teeniemädel und im Konfi- Unterricht. Ich fand die ganze Angelegenheit vor allem langweilig , mochte keine Orgel – Musik , keine Liturgie und die Reden des Pfarrers sprachen mich nicht an .
Es gab damals eine “Gemeindeschwester”, sie hieß Angelika. Heute würde sie den Titel” Gemeindepädagogin“ haben. Die sorgte dafür, dass Konfis zu einer Freizeit kommen konnten. Mein Vater, ein frommer Mann, meldete mich an. So kam ich zu einer Freizeit vom ERF( Evangeliumsrundfunk). Dort ging es total anders zu als in der Kirche. Mich beeindruckte der herzliche Umgang der jungen Leute untereinander. Ansprechend fand ich die attraktiven Jugendlichen, die sich als Helfer und Helferinnen agierten und die andere Art von Musik. Der damalige Leiter und das, was er zu sagen hatte überzeugten mich. So fand ich rein – in Gottes neue Welt.
Angelika kümmerte sich dann um “ihre” neuen Schäfchen und integrierte sie, wo möglich in ihre Kinderarbeit. Außerdem gründete sie einen Mädchen-Kreis. Heute würde man das Teenie- Hauskreis nennen. Der lief gut, sehr gut sogar.
Das Ganze nahm ein abruptes Ende – ich weiß nicht wieso , man kündigte ihr und alles war zu Ende.
Da Jesus aber ein treuer Hirte ist, ging meine Geschichte mit ihm weiter, wenn auch chaotischer als vielleicht, wenn Angelika geblieben wäre.
Gut, dass es eine Angelika gab.
Wie bedeutend Begegnungen für uns sind
So richtige Glaubensvorbilder in meiner Kindheit und Jugend gab es nicht. Mir fällt dazu nur eine Familie ein, die ein bisschen mein zweites zuhause war, von meinem ungefähr 10. bis 15/16. Lebensjahr. Diese Familie hatte eine Gärtnerei und 4 Kinder, mit denen ich sehr gut befreundet war. Sie waren evangelisch und unglaublich gastfreundlich. Dort wurde ich mit allem ernstgenommen, durfte viel mithelfen (was ich zuhause nicht durfte) und fühlte mich willkommen und gewollt. Durch sie bin ich in den Kindergottesdienst gekommen, habe die Konfirmationen der 4 Kinder miterlebt und wollte am liebsten von ihnen adoptiert werden. Richtige Glaubensgespräche haben wir zwar nicht geführt, aber ich spürte schon damals den guten Geist in ihrem Haus. Dann sind wir weggezogen und ich konnte sie nur noch in den Ferien sehen, was ich aber konsequent auch gemacht habe bis ich ca 18 Jahre alt war. Sie haben mir viel Halt und Geborgenheit gegeben und ich bin auch heute noch über die Ferne mit ihnen verbunden. Vor allem das gemeinsame Beten hat mich fasziniert und natürlich ihre Anteilnahme an meinem Leben.
Danach kam erstmal lange nix...
Bis ich in der Gemeinde hier vor Ort gelandet bin. Da war M., der mit mir in meinem zweiten Hauskreis war. Er hat mich absolut fasziniert dadurch, dass er quasi fast alles aus der Bibel kannte und durch seine Gebete. Unsere Freundschaft nahm ihren Anfang, ich bewunderte ihn für seine Bibelkenntnisse, seine Gebete und für seine Ruhe mit der er mir zuhörte. Das hat mich auf jeden Fall geprägt und motiviert, und ich wollte so gerne mehr erfahren und wissen, über den Glauben und die Bibel. So begannen unsere privaten Treffen zum Austausch über unseren Glauben, und ich bin sehr glücklich und dankbar, dass es inzwischen ein gegenseitiges Geben und Nehmen ist, und wir uns auf Augenhöhe begegnen können.
Dann gab es C.. Sie hat mich von Anfang an ernst genommen, ist immer an mir dran geblieben, egal wie chaotisch ich damals war. Sie hat mir unglaublich geholfen, Zugang zum Glauben zu finden !! Sie hat damals vor ca 8 Jahren schon an mich geglaubt, als ich noch ganz lange nicht an mich geglaubt habe. Sie hat mich immer wieder total neugierig gemacht, indem sie mir viel von sich und ihrer Beziehung zu Jesus erzählt und mir endlose Fragen beantwortet hat. Ja ich glaube durch sie, ist der Samen meines Glaubens gelegt und bewässert worden. Kontinuierlich, mit endloser Geduld und Annahme, mit Fürsorge und ganz viel Herzenswärme.
Ich fand es von Anfang an so spannend sie und ihren Mann, mit ihren unterschiedlichen Zugängen kennen und lieben zu lernen. Sie haben mir immer wieder Brücken gebaut, sei es durch konstruktive Kritik oder durch tiefergehende Gespräche. Dafür bin ich unglaublich dankbar !